2018

Die vierte Ausstellung in der Nicola Erni Collection widmete sich erstmals in grossem Rahmen der umfangreichen Sammlung von Werken von Jean-Michel Basquiat. Von seinem künstlerischen Frühwerk ab 1980 bis hin zum Spätwerk der Jahre 1987 und 1988 wurden Arbeiten unterschiedlichster Medien gezeigt und geben einen faszinierenden Überblick über das Schaffen des Ausnahmekünstlers.

Des Weiteren waren grossformatige Gemälde aus den 90ern von Julian Schnabel ausgestellt, eine Installation des Künstlerduos Tim Noble & Sue Webster sowie Fotografien von Steven Meisel, Anthony Hernandez, Nick Knight und Helmut Newton. 

Künstler

Jean-Michel Basquiat

Maler. 1960 in New York geboren. 1988 in New York gestorben.
Jean-Michel Basquiat kam über die Graffiti- und Hip-Hop-Szene zur Malerei und schuf innert acht Jahren ein ebenso anhaltend faszinierendes wie komplexes Werk. Die kunsthistorische Einordnung seines Oeuvres ist so vielfältig wie die Interpretation einzelner Werke subjektiv ist. Basquiat war sehr aufnahmefähig und belesen und liess neben autobiographischen Referenzen sein immenses Wissen in seine Kunst einfliessen: Alltagsweisheiten, historische, soziokulturelle und kunsthistorische Aspekte, Literatur, Musik, Comics, Symbole, visuelle Referenzen aus TV und Massenmedien.

Anthony Hernandez

Fotograf. 1947 in Los Angeles geboren. Lebt und arbeitet zwischen Los Angeles und Fairfield, Idaho.

Als Kind von mexikanischen Einwanderern aufgewachsen arbeitete Anthony Hernandez während des Vietnam Krieges zwei Jahre als Mediziner in der US-Armee, bevor er 1969 zu fotografieren begann. Zwischen 1966 und 1967 belegte er einige einführende Fotografie-Kurse als Student am East Los Angeles College, er ist aber weitgehend Autodidakt. 

Hernandez legt seinen Fokus darauf, soziale Landschaften in urbaner Umgebung einzufangen. Ausgehend von der Suche nach Schönheit und der feinfühligen Auseinandersetzung mit aktuellen sozialen Gegebenheiten in der Welt, mit Schwerpunkt Baltimore, Saigon, Rom und insbesondere Los Angeles, reicht sein vielschichtiges Oeuvre von Schwarz-Weiss- bis Farb-Fotografie, von 35 mm zu Grossformat-Kameras, von der menschlichen Figur zu Landschaften bis zu abstrakten Details.

Nick Knight

Fotograf/imagemaker und Filmemacher. 1958 in London geboren, wo er auch lebt und arbeitet.

Nick Knight studierte am Bournemouth & Poole College of Art and Design Fotografie. Bereits während des Studiums gab er 1982 sein erstes Fotografiebuch heraus, Skinhead. Ab Mitte der 1980er Jahre arbeitete er immer wieder für Magazine wie i-DVogueDazed & Confused, und Visionaire. In seinen viel gerühmten und beachteten Modefotografien hinterfragt er konventionelle Ideen und Parameter von Schönheit, Ästhetik sowie Fotografie als solcher.

Im Jahr 2000 gründete Knight SHOWstudio.com, eine interaktive Plattform mit Pioniercharakter, welche sich der Distribution von Videos, Fotografien sowie Illustrationen im Bereich der Mode widmet. 

Steven Meisel

Fotograf. 1954 in New York geboren, wo er auch lebt und arbeitet. 

Steven Meisel ist bekannt für seine provokativen sowie kontroversen Bilder und seine narrative Herangehensweise, wobei er konstant zeitgenössische Angelegenheiten bearbeitet und hinterfragt. 

Meisel studierte „fashion illustration“ an der Parsons School for Design in New York, wo er später auch teilzeit lehrte. Er begann für den Mode-Designer Roy Halston Frowick als Illustrator zu arbeiten und zog danach weiter zum Magazin Women’s Wear Daily. Als Nebenjob fotografierte er Models für eine Model-Agentur und war fasziniert, worauf er sich fortan dem Medium der Mode-Fotografie verschrieb. 

Meisel arbeitete als Fotograf für zwei italienische Magazine: Per Lui und Lei, deren Chef-Redakteurin war Franca Sozzani war, welche später das Zepter bei Vogue Italia übernahm. Als einer der ersten Fotografen überhaupt unterzeichnete Meisel einen Vertrag mit dem Verlag Condé Nast und schoss jedes einzelne Cover der Vogue Italia von 1988 bis 2014. Er arbeitete auch für zahlreiche andere Magazine, u.A. W Magazine und Vanity Fair Italy.

Helmut Newton

Fotograf. 1920 in Berlin geboren. 2004 in Los Angeles gestorben.

Helmut Newton absolvierte bereits seine Lehre bei einer Berliner Modefotografin und auch während seines Exils blieb er der Mode treu. Mitte der 1950er kehrte Newton nach Europa zurück und arbeitete für die Vogue und zahlreiche weitere Modemagazine. Bereits zu Lebzeiten war er weltberühmt, seine legendären Schwarz-Weiss-Fotografien der inszenierten «femme fatale» sind voller erzählerischem Potential und erotischem Glamour.

Julian Schnabel

Julian Schnabel (Amerikaner, b. 1951) lebt und arbeitet zwischen New York und Montauk (Long Island). Er studierte von 1969 bis 1973 an der University of Houston und nahm 1973-74 an einem unabhängigen Studienprogramm am Whitney Museum of American Art teil. Nach einem ersten Aufenthalt in Italien im Jahr 1977 besuchte Schnabel ein Jahr später Europa erneut und war insbesondere von der Architektur von Antoni Gaudí in Spanien angetan. Die Idee für seine berühmten, grossformatigen Gemälde aus zerbrochenen Porzellantellern kam ihm sodann auch in Barcelona. Neben den sogenannten “plate paintings” experimentiert Schnabel mit einer grossen Spannbreite an unterschiedlichen Materialien für seine monumentalen Arbeiten.  

Tim Noble & Sue Webster

Installation-Künstlerduo. 1966 in Stroud bzw. 1967 in Leicester, UK geboren. Leben und arbeiten in London.

Tim Noble und Sue Webster arbeiten seit 1996 zusammen und bewegen sich im Umfeld der «Young British Artists» (YBAs). Inspiriert von der Punk-Bewegung und dem Hinterfragen des Status quo bestehen ihre Arbeiten im Wesentlichen aus Schatten-Installationen und Licht-Installationen. Immer geht es dabei um Gegensätze: Licht versus Schatten, Form versus Anti-Form, Kunst versus Kommerz.

Installation view: Tim Walker. The Garden of Earthly Delights, Het Noordbrabants Museum, ’s-Hertogenbosch, 4 November 2017 – 25 February 2018. Photo: Joep Jacobs

Installation view: Erik Madigan Heck: Old Future, Musée des Beaux-Arts, Le Locle, 2 November 2018 – 27 January 2019. Photo: Musée des Beaux-Arts, Samuel Zeller

Installation view (painting in the foreground): Hat Full of Rain (1996), Julian Schnabel: Aktion Paintings 1985-2017, ARoS Aarhus Art Museum, Denmark, 12 October 2018 – 3 March 2019. Photo: ARoS Aarhus Art Museum, Anders Sune Berg

Installation view: Sixty Last Suppers  (1986) by Andy Warhol included in the exhibition Andy Warhol, Tate Modern, London, 12 March – 15 November 2020. Artwork © The Andy Warhol Foundation for Visual Arts, Inc. Photo © Tate, Andrew Dunkley

Architekur und Design​

Das Zusammenspiel zwischen Kunst, Architektur und Design ist Nicola Erni ein grosses Anliegen. Ihre Philosophie der Interaktion zwischen diesen drei Elementen realisierte sie im Sinne eines «Extended Living Room» – ein erweitertes Wohnzimmer – und macht dies seit 2020 der Öffentlichkeit zugänglich. Durch die Öffnung des Privatmuseums freut sie sich, ihre Passion mit jedem Interessierten teilen zu können.

Das erste Sammlungsgebäude wurde 2013 fertiggestellt. Den Besucher erwartet ein bunter Mix aus Kunst, Möbeln, ausgesuchten Designobjekten und dekorativen Accessoires. Dadurch entsteht ein persönlicher Raum mit einzigartiger musealer Präsentationsfläche.

Ein zweiter Bau wurde im November 2020 fertiggestellt. Die beiden Baukörper, eingebettet in einen übergreifenden Grünraum, reagieren innerhalb des neu entstandenen Ortes unterschiedlich: Die rohe, gespitzte Oberfläche des Dietfurter Muschelkalksteins gibt der Fassade des ersten Gebäudes einen skulpturalen Ausdruck; im Gegensatz dazu steht der Glanz der Hülle mit geschliffenen Schalen in Kupfer-Aluminium Legierung des zweiten Gebäudes, der im Inneren mit dynamischen Zwischenräumen überraschende Sichtachsen bietet.

Die Sammlung

Die Nicola Erni Collection in Steinhausen bei Zug beherbergt eine umfangreiche Kunstsammlung mit Fokus auf Fotografie und zeitgenössische Kunst.

Seit über 25 Jahren folgt die Sammlerin Nicola Erni ihrer Leidenschaft und hat Werke erworben, die sie berühren. So ist eine der grössten Fotosammlungen in privater Hand entstanden, die zwei Schwerpunkte vereint: Fotografien der 1960er und 1970er Jahre mit Fokus auf den gesellschaftlichen Wandel – Zeitgeist & Glamour – sowie eine umfangreiche Sammlung von Modefotografien aus den 1930er Jahren bis heute. Zeitgenössische Kunst ist ein weiterer bedeutender Sammlungszweig und umfasst eine Bandbreite von Malerei, Skulpturen, Zeichnungen und monumentale Installationen.

Vertreten sind Künstler wie Richard Avedon, Jean-Michel Basquiat, Elmgreen & Dragset, Sylvie Fleury, Hassan Hajjaj, Duane Hanson, Rashid Johnson, Annie Leibovitz, Peter Lindbergh, Sarah Moon, Helmut Newton, Julian Schnabel, Cindy Sherman, Yinka Shonibare CBE, Mario Testino, Andy Warhol oder Harley Weir.